Donnerstag, 8. Februar 2018

...en lo bueno y en lo malo...


„In Guten wie in schlechten Zeiten.“ Ein Spruch, den man normalerweise nur bei einer Ehetrauung in der Kirche zu hören bekommt. Jedoch gilt dieses Mantra auch für viele Fussballfans, die Woche für Woche mit ihrem Verein mitfiebern.

Fussball-Legende Eric Cantona formulierte es bereits treffend: „Man kann seine Frau oder Religion wechseln, niemals aber seinen Lieblingsverein.“ In schlechten Zeiten muss man sich als Fan von Real Madrid C.F. vermehrt blöde Sprüche über das sportliche Versagen des Klubs anhören. Besonders die Fans des Erzrivalen Barcelona kommen wieder aus ihren Löchern gekrochen, jetzt da sie nun aufgrund des haushohen Vorsprungs in der Liga wieder Oberwasser kriegen. Der Mensch vergisst schnell, oft zu schnell. Okay, die Saison 1933-34, als der FC Barcelona knapp dem Abstieg davonkam, liegt weit zurück. Aber wie steht es um letzte Saison, als Zizous Mannen noch gefeierte Helden waren? Immerhin gelang es keiner Mannschaft zuvor den Titel in der UEFA Champions League erfolgreich zu verteidigen. Jetzt, wo es gar nicht mehr rund läuft, wird die genau gleiche Mannschaft von den Medien und sogar in manchen Fan-Foren zerfetzt. Rufe nach einer Ablöse von Zidane werden laut, Modric und Co. sollen plötzlich über ihrem Leistungszenit sein und sofort ersetzt werden. Die falsche Transferpolitik sei der Grund, warum man diese Saison nicht in Tritt kommt. Viele wollen in den Transferwahnsinn (à la Paris St. Germain und Co.) einsteigen. Utopische Transferziele werden genannt, manche wollen sogar wie in einer computergestützten Managersimulation den kompletten Kader austauschen.

Aber: Das „komplett Neue“, einen „Neustart“, versprechen jeweils auch populistische Politiker... Ein komplettes Umkrempeln ist immer verlockend. Doch zu viele Male wurde dieser Fehler bei Real Madrid begangen (man erinnere sich an das mindestens einmal jährlich rotierende und äusserst erfolglose Trainerkarussell). Sicherlich ist die aktuelle Ausbeute zu wenig und mancher Punktverlust ist ärgerlich, nach der letzten Saison konnten die Erwartungen und der Druck nicht höher sein. Immerhin konnte man bis auf die Copa jeden Pokal mit nach Hause nehmen. Bei all den Erfolgen darf man allerdings niemals vergessen, woher man kommt. Immerhin verpasste man vor einigen Jahren noch sechs Mal in Folge das Viertelfinale der Champions League, kassierte hohe Niederlagen gegen direkte Rivalen und verpulverte oft sinnlos Geld am Transfermarkt. Nun hat man drei Finalteilnahmen inklusive ebenso vieler Titel in vier Jahren auf der Habenseite.

Natürlich kann man Zidane trotzdem einiges vorwerfen: Passivität, nicht Antasten mehrerer Spieler (z.B. dem schwächelnden und zuletzt trainingsmüden Marcelo...), späte oder schwer nachvollziehbare Wechsel. Aber man muss ihm zu Gute halten, dass die Mannschaft durchaus Chancen kreiert, junge und unerfahrene Spieler zählt und dass gleich mehrere Schlüsselspieler im Formtief sind. Gerade die Defensive stellt sich teilweise schlimmer als eine Schülermannschaft an, so dass stümperhafte Gegentore kassiert werden, die einen verdienten Sieg in eine Niederlage umwandeln. Bei den Schlappen gegen Tottenham im Wembley oder den Katalanen zu Hause war man – anders als es die Ergebnisse vermuten lassen – keinesfalls viel schlechter. In London war man drauf und dran, den Ausgleich zu erzielen, kassierte dann auf Grund eines Fehlers im Aufbau das 2-0. Und gegen die Katalanen hätte man auf Grund der Chancen in der ersten Halbzeit mit mindestens 2-3 Toren in Vorsprung liegen müssen. So bewahrheitete sich die alte Fussballer-Weisheit „machst du die Chancen vorne nicht, bekommst du sie hinten“.

Zusammengefasst läuft es diese Saison alles andere als rund, der Kampf um die Meisterschaft ist zur Halbzeit schon aussichtlos. In der Copa das peinliche Viertelfinal-AUS gegen Leganés und in der Königsklasse haben wir Paris vor der Brust. Manche prophezeien ein Debakel, man solle besser erst gar nicht antreten und den neureichen Franzosen freiwillig das Feld überlassen. Doch genau diesen Fehler werden Zidanes Mannen nicht machen, mit einer gesunden „Jetzt erst Recht“ Mentalität lässt sich die bis heute verkorkste Saison vielleicht ja noch retten. Die Meisterschaft ist der ehrlichste Titel, da sich in der Regel Los/Spiel/Schiedsrichterglück über 38 Spieltage wieder ausgleichen. In den letzten zehn Jahren (diese Spielzeit eingerechnet) konnte man ganze zwei Meistertitel erringen, während die Katalanen ihren Zähler bald auf unglaubliche sieben schrauben werden. Geht diese Entwicklung so weiter, wird es in naher Zukunft einen neuen Rekordmeister in Spanien geben, genauso wie der aktuelle Punkterückstand der Woche für Woche anwächst... einfach nur beschämend. Die Leistungen in der Champions League übertünchen die oft katastrophale Ausbeute in den nationalen Bewerben (la Liga + Copa).

Madrid bleibt wie so oft die Champions League als letzte rettender Strohhalm an den es sich zu klammern gilt. Mit den Fans im Rücken, müssen die Madrilenen niemanden fürchten und können jeden schlagen. Alleine der verrückte Fanhaufen, welcher den eigenen und gegnerischen Mannschaftsbus auf den Strassen rund ums Bernabéu in Empfang nimmt, kann Berge versetzen. Schade nur, ist ein Teil ebendieser Fans aus dem Stadion verbannt worden, denn nun braucht es jede Kehle, um die Mannschaft daran zu erinnern, dass sie für den besten Verein der Welt spielt und kein Gegner zu gross ist.

Dass die Fans ein Spiel beeinflussen können ist eine Tatsache (auch wenn sie von denen, die eine unternehmensartige Klubführung gutheissen, häufig negiert wird). Die Gegner werden durch die elektrisierende Atmosphäre eingeschüchtert und bringen gleich ein paar Prozent weniger Leistung, wie der Fall von TimoWerner des RB Leipzig in Istanbul zeigte.

Bei Madrid gibt es aber leider unter den 80.000 Zuschauern oft zu viele Eventfans/Touristen, welche mit gezückten Smartphones das Spielgeschehen verfolgen oder irgendetwas in sich hineinstopfen, anstatt die Mannschaft bedingungslos anzufeuern und nach vorne zu peitschen. Und diese Passivität und Wohlfühl-Schema schlägt wohl auch auf einige Spieler über, die zuletzt fast lustlos (z.B. in den Cup-Spielen) dem Ball nachgetrabt sind. Solche Verhaltensweisen, genauso wie solch inakzeptable Aussagen wie die von Marcelo („wir haben unsere Fans zu fest verwöhnt“), sollte diesen Profisportlern von den Fans rasch ausgetrieben werden: Mit einer fordernden, unterstützenden und elektrisierenden Stimmung in jedem Spiel.

Es bleibt nun zu hoffen, dass die Führungsetage trotz der schlechten Ergebnisse kühlen Kopf bewahrt und Zidane in Ruhe weiterarbeiten lässt. Denn abgerechnet wird im Mai/Juni nicht im Februar wer wirklich zum Verein steht beziehungsweise wer nur auf Grund der Erfolge der letzten Jahre plötzlich seine Liebe zu Real Madrid entdeckt hat.

, und selbst wenn diese Saison titellos zu Ende gehen sollte, hat Zidane es verdient, eine weitere Saison am Hebel zu sitzen. Natürlich ist konstruktive Kritik wichtig und ein Bestandteil der Liebe zum Klub. Aber in Zeiten wie diesen sieht man auch,

„Como no te voy a querer…"


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