Dienstag, 19. Juni 2018

Bern, Madrid, Kiew - und darüber hinaus



Flughafen Zürich-Kloten, 9h15. In den Überwachungskameras stechen in der Menge drei Personen hervor. Nicht etwa wegen ihrer Bekleidung (Fussball-Trikot und, trotz der sommerlichen Temperaturen, Schal), und auch nicht aufgrund der Dosen Bier in der Hand (trotz der Uhrzeit), sondern aufgrund der verdächtig guten Laune. Die Zentrale meldet dies einer Patrouille – man muss schliesslich stets vom Schlimmsten ausgehen. Nach ein paar Abklärungen und einer Personenkontrolle wird grünes Licht gegeben: Es handelt sich um zwei Fans von Real Madrid, die nach Kiew an das dritte Champions League Finale ihres Klubs in Folge reisen. Aha, die übertrieben gute Laune kommt also weder von Drogenkonsum, noch vor der Vorfreude auf einen Terrorakt. Real Madrid Fans! Kein Wunder, sind sie so gut drauf!

Plaza del Sol, Madrid, 11h. Das Sonnenlicht dringt problemlos durch die Ritze des vergilbten Vorhangs dieses mittelprächtigen Hostals und weckt die zwei verkaterten madridistas langsam aber unbarmherzig auf. Mehrmals geht der Griff zur Wasserflasche daneben, die liebevoll auf dem Stuhl bereitgelegten berna madridista Jubiläums-Schals gleiten zu Boden und die späte Uhrzeit bringt ein Stöhnen hervor. „Los jetzt, wir wollten doch früh beim Santiago Bernabéu sein!“

Bern, 11h30. Die zwei Kisten mit Fahnen und anderem Fanklub-Material werden in den Kofferraum gehievt. Ihr Ziel: Die Beiz 44 in Bern. Denn dort wird sich der madridismo der Schweizer Hauptstadt zusammentun, um gemeinsam der Dreizehnten entgegenzufiebern. Es werden Bierdeckel des Fanklubs bereitgestellt, Fahnen aufgehängt und die Grossleinwand aufgestellt. Das Personal der Bar hat Unmengen an Bier kaltgestellt und der Grill steht blitzblank bereit, um die Gäste zu versorgen. An Essen und Trinken soll es nicht fehlen, das steht fest!

Kiew, 12h. Fast alle angereisten Mitglieder von berna madridista treffen sich beim Olympiastadion zur Ticketabholung. Die meisten können es kaum glauben, hier zu sein. Die Reise war sehr teuer und in machen Fällen lang. Denn erst kurzfristig überbrachte Real Madrid die gute Neuigkeit, so dass für viele eine kurzfristige Planung unumgänglich war. Eine Unterkunft im ausgebuchten Kiew zu finden war eine Herkules-Aufgabe. Und doch sind wir alle hier, und das allein zählt jetzt. Die Sonne scheint, es ist warm, die Ukrainer sind freundliche Gastgeber, das Essen ist gut und das Wichtigste: Heute Abend spielt unser Herzensklub. Was will man mehr? Alfredo vom Fanklub-Büro begrüsst uns herzlich. Er weiss, wie der Berner Fanklub an jedem Spiel dabei ist, ob in Zypern, Bulgarien oder Marokko. Von den typischeren Destinationen in Deutschland, Italien, Frankreich oder England ganz zu schweigen. Auch deshalb blieb Real Madrid nichts Anderes übrig, als uns bei der Ticketvergabe zu berücksichtigen. Und das freut madridista Alfredo. Das erhaltene Ticket wird sofort, und als wäre es ein Kronjuwel, versorgt. Ab ins Bier!

Madrid, 16h. Das Aufstehen und ausgiebige Frühstück hat sich in die Länge gezogen, und ein kurzer Spaziergang zum Königspalast tat sein Übriges. Ist auch nicht schlimm, es geht noch mehrere Stunden bis zum Anpfiff. In der Metro auf dem Weg zum Bernabéu erkennt man sich: Viele tragen Weiss. Ein paar grimmige Gesichter gibt es, das müssen die permanent verbitterten Atlético-Fans sein. Die werden heute alle zu Liverpool-Supportern, das ist gewiss. Aber ihr Neid macht uns umso stärker. „Próxima parada, Santiago Bernabéu“, ertönt die mechanische Stimme es aus dem Lautsprecher. Mit einem lauten Zischen gehen die Türen auf und alle stürmen johlend aus dem Zug. Ein paar klatschen RMCF-Stickers an die Wände. Der Kater ist vergessen: Mit grossen Sprüngen geht es die Treppen hoch, Richtung Licht, und dann erscheint majestätisch das Santiago Bernabéu, die Arena, wo Träume wahr werden. 


Bern, 17h30. Die ersten Real-Fans, die die es am wenigsten erwarten können, treffen ein. Jedem wird ein Krug Bier in die Hand gedrückt – vom Fanklub spendiert – und später gibt es für alle kostenlos Hamburger mit Pommes. Mehrere Mitglieder tragen den Jubiläumsschal des Fanklubs (es werden 10 Jahre gefeiert), und viele haben Freunde – selbstverständlich auch Real Madrid Fans – mitgebracht. Wir begrüssen sogar weithergereiste Mitglieder, wie zum Beispiel Georg aus Basel und Lars aus Bötzingen (D). Viele Kilometer, um gemeinsam mit anderen gleichgesinnten ein Spiel zu sehen. Das ist madridismo. Es wird hitzig diskutiert: Soll die BBC (Bale, Benzema, Cristiano) spielen? Was ist mit Lucas Vázquez und Isco? Wie werden die Engländer spielen? Wird Salah ein Problem für Real? „Der Schlüssel zum Sieg ist ein frühes Tor!“, ruft einer, um dann gleich den zweiten Krug zu bestellen. Irgendwie müssen ja die rund 50 madridistas die Wartezeit überstehen...

Kiew, 18h. Die Bar ist voller Real-Fans, viele davon aus Madrid, ein paar aus Bern. Bier um Bier schlittert über die nasse Theke, dann geht es plötzlich über zum Whisky. Die breiten und bärtigen Ukrainer die ausschenken, sind alles Dynamo-Fans. Eine berüchtigte Fan-Schar. Aber wir sind zahlende Kunden und schenken ihnen dazu noch RMCF-Stickers, die sie mit den glitzernden Augen eines Kleinkindes entgegennehmen. Draussen wurden mehrere grimmige, verdächtig nach Dynamo-Ultras ausschauende Typen erspäht, was Erinnerungen an den Angriff ukrainischer Hooligans gegen Liverpool-Fans am Vortag wach werden lässt. Doch der Alkohol wischt jede Sorge weg, und aufgrund der lauten Gesänge haben sich bereits mehrere Polizisten am Eingang eingefunden. Endlich werden die Segel gesetzt: Johlend verlassen rund 30 Real-Fans die Bar, mit einem lauten Knall wird eine Leuchtbengale gezündet und es geht Richtung Stadion!

Madrid, 20h. Die Tickets auf den Namen von berna madridista wurden abgeholt. Für alle Mitglieder von berna madridista waren sie gratis, und zur grossen Freude wird festgestellt: Es sind fantastische Plätze! Inmitten gleichgesinnter fühlt man sich zudem sehr schnell wohl, auch wenn man selbst kein Spanisch spricht. Das Santiago Bernabéu ist ausverkauft, die Stimmung grosses Kino. In der Mitte des Platzes flimmern riesige Bildschirme, sie zeigen Erinnerungen an den letzten Champions League Triumph in Cardiff. Die positive Energie ist der Wahnsinn. So viel Zuversicht, was kann da noch schiefgehen? Viele Socios (Voll-Mitglieder) sind hier, denn die Reise gegen Osten war für viele zu teuer. Spontan werden Gesänge aus verschiedenen Ecken des legendären Bernabéus angestimmt. „Señores soy madridista desde la cuna, que vamos a ser campeones no tengo duda...“

Bern, 20h45. Anpfiff! Die Hamburger und das Handy sind nun vergessen und mit Hochspannung wird das Spiel verfolgt. Liverpool macht Druck. Das war zu erwarten, und es wird nicht ewig andauern. Real verteidigt routiniert, und doch gibt es mehrere Schreckmomente. Dann verletzt sich Salah an der Schulter, was die Barcelona-Fans später billig benutzen werden, um die Leistung Reals abzuwerten und Ramos der Unfairness zu beschuldigen. Einigen BM-Mitgliedern ist die Erleichterung anzusehen, Salah hat eine unglaubliche Saison gespielt. Der Halbzeitpfiff ertönt, 0-0.

Kiew, 22h45 (Ortszeit). Die Halbzeitpause ist vorbei, alle Hände gehen in die Luft und klatschen unisono, der Trommel folgend, „Hasta el final, vamos Real! Lo, lolo, lolo,...“ Die Mitglieder von BM stehen hinter dem Tor, wo die Stimmung elektrisierend ist. Und da fällt wie aus dem heiteren Himmel das 1-0... Ohrenbetäubender Jubel, man wird hin und her gestossen, umarmt, mit Bier überschüttet und plötzlich zischt eine leuchtendrote Bengale auf. Vamos!

Madrid, 22h30. Es steht 3-1 und im Bernabéu ist niemand mehr zu halten. Es wird mit rauer Stimme nochmals die RM-Hymne gesungen, und als der Schlusspfiff ertönt, erzittert ganz Madrid. Eines unserer Mitglieder schreibt: „Es ist schwer, ein treffendes Wort für dieses Erlebnis zu finden. Alles war schlichtweg unglaublich. Ich freue mich, eines Tages meinen Kindern davon zu erzählen!“. Nach dem Spiel ziehen die Fans zu Fuss in einem Umzug vom Stadion zum Cibeles-Brunnen. Es ist unbeschreiblich. Immer wieder kommt die Menge zum Stehen, um Lieder gemeinsam anzustimmen, Fahnen werden geschwenkt. Auf einer Brücke wird der Marsch von Mitgliedern von Ultrassur empfangen, die Unmengen an Pyros zünden und 13 grosse mit den Europapokalen bemalte Fahnen in die Höhe stemmen. Mitten im Umzug, noch ein Heiratsantrag. Gibt es eine bessere Kulisse?

Bern, 22h50. Nach dem ersehnten Abpfiff wird eine weitere Runde Bier ausgeben, um zusammen auf den 13. Titel anzustossen. Und damit auch wirklich das gesamte Quartier mitbekommt, wer der König von Europa ist, werden auf der Strasse vor der Bar bei lautem Gesang Bengalos und Rauchbomben gezündet. Für einige ist der Abend noch lange nicht vorbei, andere denken bereits an den 1. Juni 2019...  


Kiew, 23h00 (Ortszeit). Der 13. CL-Pokal wird von Kapitän Ramos in die Höhe gestemmt und die Hälfte des Stadions explodiert. Es ist vollbracht, der Madridismo kann schon wieder feiern! Einziger kleiner Wermutstropfen: Ab den vielen Selfies mit mitgebrachten Freunden und Familie vergessen die meisten der RM-Spieler uns, die Fans. Nur wenige von ihnen überqueren die Leichtathletik-Bahn. Sie vergessen, dass sie ohne uns, nichts sind. Dass RMCF wir, die Fans sind, und dass Spieler kommen und gehen. Das tut aber unserer guten Laune keinen Abbruch. Die berna madridista Fahne wird verstaut und wir machen uns auf ins Kiewer Nachtleben. Unbesorgt, denn auch ein Alkoholrausch wird die Erinnerung an diesen Tag nicht verblassen lassen. Sie ist ins Gedächtnis eingraviert wie „REAL MADRID CF“ in die silberne Oberfläche der d r e i z e h n t e n Champions League Trophäe...

Ja: Der Samstag, 26. Mai 2018 war ein Tag für die Annalen der Geschichte des runden Leders. Niemals zuvor hat ein Fussballklub die Königsklasse so lange dominiert.  Doch der 26. Mai 2018 hat sich auch in das Gedächtnis von Millionen von madridistas eingebrannt.  Egal wo wir an diesem Tag waren: Es ist einer dieser Tage, die wir nie vergessen werden. Und es wird auch in dreissig Jahren einer dieser Tage sein, an wir alle genau wissen werden, was wir gemacht, gegessen und getrunken und wie und mit wem wir gefeiert haben.


Als am 12. Oktober 1492 Amerika entdeckt und das bisherige Ende der Welt (bis dahin, der Atlantik) erweitert wurde, setzten die spanischen Könige die Devise „Plus Ultra“ in das spanische Wappen. „Plus Ultra“ (lateinisch), bedeutet „darüber hinaus“ und widersetzt sich dem „Non Plus Ultra“ („nicht mehr weiter“), welches auf den Herkules-Säulen zu lesen gewesen sein soll. „Plus Ultra“ ist zweifellos auch die Devise Real Madrids. Denn das Sättigungsgefühl ist schon wieder vorbei. Wir lechzen nach weiteren Pokalen, Abenteuern und epischen Siegen. Das ist das Gen des madridismo.

REAL MADRID, EINE LEIDENSCHAFT, UND BERNA MADRIDISTA, STETS ZUVORDERST DABEI!






Dienstag, 5. Juni 2018

Der König ist nicht totzukriegen, es lebe der König!


Wer an Real Madrid C.F. denkt, kommt nicht darum herum über glorreiche Europapokalnächte zu sinnieren, in denen Schweiss, Blut und des Öfteren auch Tränen vergossen wurden!
Blickt man nur ein paar Jahre zurück, so war Real in Europa als „ewiger Favorit“ verpönt, scheiterte der Klub doch sieben Mal in Folge im Achtelfinale der Champions League. Erst 2011 schafften wir es, ausgerechnet gegen den damaligen Angstgegner Olympique Lyonnais die Phalanx zu durchbrechen, und seither sind wir jedes Jahr mindestens bis ins Halbfinale gelangt. Nach dem grossen Durchbruch  mit la Décima im Jahr 2014, schien der Gipfel erreicht als Sergio Ramos am 3.Juni 2017 den Henkelpott in den Nachthimmel von Cardiff reckte und Madrid als erste Mannschaft seit Einführung der Champions League den Titel verteidigen konnte. Kaum ein Madridista hatte in seinen kühnsten Träumen daran gedacht, dass die Truppe um Zidane die erneute Verteidigung des Titels in der europäischen Königsklasse gelingt.  In der heutigen kompetitiven Neuzeit, mit zahlreichen schwerreichen Topklubs, schien es undenkbar, dass eine Mannschaft die Champions League zweimal in Folge gewinnt, aber gleich drei Mal schlägt dem Fass den Boden aus! Der Rest von Fussball-Europa, in erster Linie Erzrivale Barcelona, scharte sich um die Gegner der Königlichen: Plötzlich hatten Paris, Juventus, Bayern und Liverpool – nebst ihren höchst ehrenwerten Fans auf Lebenszeit – ein Meer an Trittbrett-Supportern, die sich in mehrere Kategorien teilen lassen: 1) „Ich will, dass die Hegemonie von RMCF durchbrochen wird“ (David und Goliath Effekt); 2) „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“ (siehe v.a. Barça und Atlético Fans); 3) „Ich bin zwar kein Fussballfan und habe keine Ahnung aber dieser reiche Etablissement-Klub aus Madrid ist mir nicht sympathisch.“ Und so wünschten uns Millionen von Menschen ein Ausscheiden. Etwas, was Ramos und Co. nicht aus der Ruhe gebracht hat. Aber alles der Reihe nach.
In der Gruppenphase bekam man es in der Gruppe H, mit Tottenham, Dortmund und Nikosia zu tun. Mit vier Siegen einem Unentschieden und einer Niederlage Auswärts im Hexenkessel Wembley stieg man als Gruppenzweiter hinter den Spurs in die KO-Phase auf. Dort bekam RM mit den neureichen Parisern einen „harten Brocken“, ja sogar gemäss viele Experten einen „Top-Favoriten“ auf den Titel, zugelost. Während viele madridistas die Saison 2017-18 bereits abschrieben (in der Meisterschaft lief es alles andere als rund), überraschte Zizous Truppe alle: Zuhause gab es einen glasklaren 3-1 Sieg gegen Unai Emery, Neymar und Co., und im Rückspiel nützten auch die Lärm-Macherei vor dem Hotel der Madrilenen und die riesige Pyro-Show im Stadion der Pariser Fans nichts. Madrid gewann gegen den französischen Meister erneut (1-2) und zog mit einem Gesamtscore von 5-2 in das Viertelfinale ein. Plötzlich wurde dem König Europas wieder Respekt gezollt und die ersten Hoffnungen regten sich, den Titel erneut verteidigen zu können. Zizou bewies wieder einmal, in schwierigen Situationen immer eine Antwort parat zu haben. Die alte Dame aus Turin war der nächste Stolperstein auf dem Weg nach Kiew. In Turin wurde die Heimmannschaft dominiert und, zumindest resultatmässig, deklassiert: 3-0, inklusive dem Traumtor von Ronaldo. In der Königsklasse brachte die Mannschaft, anders als in la Liga und der Copa del Rey, seine Leistung.
Das Rückspiel im heimischen Bernabéu schien nur mehr eine Formsache zu sein. Falsch gedacht: die von Allegri hervorragend eingestellten Italiener führten bis zur 97 Minute mit 0-3 und waren auf Kurs in die Verlängerung. Als der Schiedsrichter zu Recht auf Elfmeter für Madrid entschied: Benatia hatte Lucas Vázquez im 16er regelwidrig zu Fall gebracht.  Cristiano trat an und verwandelte das Stadion in ein Tollhaus, Aufstieg ins Halbfinale zum 8ten Mal in Folge, REKORD.
Der Aufschrei, der die nächsten Tage durch die diversen Zeitungen hallte, war enorm. Von Betrug war die Rede, erkauftem Aufstieg, usw. Madrid hatte sein Glück in unnachahmlicher Art und Weise erzwungen, aber auch solide Leistungen erbracht, und stand verdient im Halbfinale. Doch der Neid schlug in Europa um sich, und den Antimadridistas trat beim Gedanken an einen Finaleinzug der Weissen der Schweiss ins Gesicht. Nach den designierten Meistern aus Frankreich und Italien, bekam man den deutschen Champion, die Münchner Bayern zugelost. Erneut eine Herkules Aufgabe: Die Bayern unter einem alten Bekannten Jupp Heynckes wieder erstarkt und sannen nach dem letztjährigen Aus im Viertelfinale auf Rache. Die Münchner fühlten sich damals vom Schiedsrichter betrogen, die Bilder von damals kochten wieder hoch und die Verantwortlichen der Deutschen gossen zusätzliches Öl ins Feuer.  
Der Aufschrei, der die nächsten Tage durch die diversen Zeitungen hallte, war enorm. Von Betrug war die Rede, erkauftem Aufstieg, usw. Madrid hatte sein Glück in unnachahmlicher Art und Weise erzwungen, aber auch solide Leistungen erbracht, und stand verdient im Halbfinale. Doch der Neid schlug in Europa um sich, und den Antimadridistas trat beim Gedanken an einen Finaleinzug der Weissen der Schweiss ins Gesicht. Nach den designierten Meistern aus Frankreich und Italien, bekam man den deutschen Champion, die Münchner Bayern zugelost. Erneut eine Herkules Aufgabe: Die Bayern unter einem alten Bekannten Jupp Heynckes wieder erstarkt und sannen nach dem letztjährigen Aus im Viertelfinale auf Rache. Die Münchner fühlten sich damals vom Schiedsrichter betrogen, die Bilder von damals kochten wieder hoch und die Verantwortlichen der Deutschen gossen zusätzliches Öl ins Feuer.
Das Hinspiel fand wie letzte Saison in München statt und die Bayern drängten von Anfang an auf das Führungstor. Nach einem Patzer von Navas gelang ihnen dies dann auch, jedoch konnte Madrid kurz vor der Pause mit dem ersten Schuss aufs Tor zum 1-1 durch Marcelo ausgleichen. In der zweiten Halbzeit vollendete Asensio nach tollem Pass in die Tiefe zum 1-2. Schlagartig wurde es still in der Allianz Arena. Trotz Dauerdruck auf das spanische Tor lag Real Madrid vorne. Die Mannen um Zidane brachten das Ergebnis dank überragender Reaktionen von Navas und hervorragender Defensivarbeit über die Zeit. Am Ende war das Jammern aus München bis nach Bern vernehmbar.
Im Rückspiel geriet man erneut früh in Rückstand, Benzema konnte diesen aber schnell egalisieren und in der 46 Min., nach schwerem Patzer von Bayern Torwart Ullreich, gelang sogar das rettende 2-1. Der Ausgleich durch die Madrider Leihgabe Rodriguez war nur Ergebniskosmetik. Held des Abends war der viel gescholtene Franzose und erneut Navas, welcher mit starken Paraden die Angriffsreihe der Deutschen zur Verzweiflung brachte.
Tollhaus Bernabeu: Während die Münchner mit hängenden Köpfen in die Katakomben schlichen, wurden die Heimischen vom Publikum frenetisch gefeiert. Dritter Finaleinzug in Folge, unglaublich! 


Der grosse Tag war da: 26. Mai 2018. Millionen von Real-Fans und Millionen von antimadridistas vor dem Fernseher. In Kiew warteten die Reds aus Liverpool, ein unangenehmer Gegner mit einer tollen Angriffsreihe rund um Salah. Nach anfänglichem Dauerdruck der Engländer konnten sich die Spanier sukzessive aus der Umklammerung befreien. Zum Pech der Briten verletzte sich Salah bei einem unglücklichen Zweikampf mit Ramos an der Schulter und musste ausgetauscht werden. Mit dem Stand von 0-0 ging es in die Halbzeitpause. In der 51. Minute dann, ein riesen-Patzer: der deutsche Torwart Karius wirft den Ball dem schlauen Benzema auf die Fußspitze und das runde Leder kullert ins Tor vor dem Madrider Anhang: 1-0! Nach dem fast sofortigen Ausgleich durch Mané, nahm RM den Zauberstab hervor: Scharfe Flanke von Marcelo, Bale blitzschnell in der Luft, Fallrückzieher, Karius hechtet, RIESENTOR! Selbst den Liverpool-Fans stockte der Atem und Zidane schüttelte mit dem Kopf und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Ausgerechnet der viel gescholtene Waliser versetzte Liverpool in Schockzustand. Die Reds bäumten sich auf, doch der König Europas übernahm wieder gekonnt und routiniert das Zepter. Selbstbewusst zog Bale zog aus über 20 Metern ab und Karius griff erneut daneben, der Ball flog über seine Hände hinweg zum 3-1 ins Netz. Nach 83 Minuten war klar, Madrid hat das unmögliche Möglich gemacht und erneut die TITELVERTEIDIGUNG geschafft!  Die mitgereisten Fans – darunter mehrere von berna madridista – feierten bereits, während man auf der Gegenseite die Köpfe in den Händen vergrub und erste Tränen über vom Alkohol geröteten Wangen kullerten. Während nach dem Schlusspfiff die Königlichen versuchten, den am Boden zerstörten Karius zu trösten, war ihnen wohl auch nicht bewusst, was sie soeben vollbracht hatten: Seit Einführung der Königsklasse 1992 dachte man, keine Mannschaft könnte den Titel verteidigen, geschweige denn drei Mal in Folge erringen. Madrid strafte alle Lügen und setzte sich zum 13ten Mal die Krone auf. „Der König ist nicht totzukriegen, es lebe der König!“

Die Neider setzten zu einer letzten Attacke an: Karius sei gekauft worden. Oder aber er sei nach einem Ellenbogen von Ramos betäubt gewesen. Ramos habe Salah mit Absicht verletzt (was der Videobeweis klar widerlegt). Bla, bla, bla. Uns beschäftigte etwas Anderes, denn kurz nach dem Finale kam der Nackenschlag: Zidane erklärte am 31.Mai nach 2,5 Jahren als Cheftrainer seinen Rücktritt. Er sei am Ende seiner Reise angekommen und habe das Gefühl, die Mannschaft benötige eine Veränderung. Vor dieser Entscheidung kann man, so sehr sie auch schmerzt, nur den Hut ziehen. Am Höhepunkt tritt der schon als Spieler vergötterte Franzose ab und beweist wahre Grösse. Er ist erst der zweite Coach nach Camacho, welcher unter Perez’s Ägide von sich aus seinen Stuhl räumt. Bei der kurzfristig anberaumten Pressekonferenz konnte man dem Präsidenten ansehen, wie sehr ihn die Entscheidung von Zidane überrumpelt und mitgenommen hat. Der Franzose verabschiedete sich unter tosendem Applaus aus dem Pressesaal, Perez meinte, dies sei kein endgültiger Abschied, sondern nur ein „bis bald“. Hoffentlich behält der Baulöwe recht.
Die Kandidatenliste ist lang. Mit Guti ist erneut eine interne Lösung, welche sicher viele Fans präferieren würden, denkbar. Hingegen hat der Spanier wenig Erfahrung. Neben der Suche nach einem neuen Trainer wird es wohl auch Veränderungen innerhalb der Mannschaft geben. Denn die Leistung in der Champions League kaschierte das schwache Abschneiden in la Liga und das blamable Aus in der Copa. Beides Rückschläge, für die hauptsächlich die Spieler verantwortlich sind, die beim nationalen Titelkampf halb so viel Motivation zeigten wie bei der Champions League. Es gilt in der nächsten Saison an den richtigen Stellschrauben zu drehen um die nationale Titelausbeute zu verbessern und den Katalanen nicht mehr das Feld zu überlassen.
Eine grosse Baustelle bleibt zudem, eine Saison mehr, der Umgang mit den Fans. Haarsträubende Ticketpreise im Bernabéu, Spieler, die auswärts den angereisten Fans nicht einmal zuwinken, fehlende Unterstützung (z.B. durch das Chartern von Flügen) für die Reise nach Kiew, ... Es überrascht nicht, dass rund Tausend Real-Fans ihr Finalticket an den Klub zurückgeben mussten, weil es schlicht und einfach zu teuer war.
Zum Abschluss noch ein Zitat von Arbeloa zum Abschied Zidanes: „Que difícil es decir adiós al Real Madrid. Nadie en la historia de este club ha sabido hacerlo mejor que él. Ahora sólo puedo acordarme de una servilleta y agradecerle que nos haya dejado disfrutar de su magia. Vuelve pronto. Gracias Zidane.





 Artikel verfasst von unserem Mitglied Patrick Lackner.  Alle Fotos von www.realmadrid.com