Im Jahr 885 nach der Geburt Christus des Herrn ruderte eine
Wikinger-Flotte von 700 Schiffen die Seine hinauf Richtung Paris. Angesichts
der Stärke dieses Heers dürfte die Stimmung ähnlich gewesen sein wie auf jenem
Bus, der am 15. Februar 2022 mit Berner Kennzeichen via Dijon von Süden nach
Paris vorstiess. Auch wenn die Truppenstärke (33) etwas kleiner war als die der dänischen Wikinger: Zweifel an der Eroberung der Hauptstadt der Franken bestanden keine
oder wurden frühmorgens mit Gerstensaft – einem Geschenk unseres langjährigen
Mitglieds Toni Calvo – weggespült. Der Optimismus war auch gross, weil
Verstärkungen erwartet wurden: 15 weitere madridistas würden aus verschiedenen
Richtungen zu Ross, Fuss oder Schiff dazu stossen. Der Plan war perfekt: Die Pariser,
noch liebestrunken vom Vortag (St. Valentin), würden die schleichende Einkesselung
kaum bemerken, bevor es zu spät sein würde.
Dementsprechend überfallmässig und widerstandslos verlief die Einnahme eines Lokals im edlen 16. Arrondissement unweit des
Eiffel-Turms. Schicke Mademoiselles und Messieurs sahen sich mit einem
wachsenden RMCF-Mob konfrontiert, der fröhlich die Bar leertrank und immer
lauter wurde. Mit dem Einbrechen der Dunkelheit stieg die Spannung: Der Moment
der Schlacht rückte näher. Um 19h05 – schreiben die Chronisten – kam Hektik in
die geifernden Wikinger-Reihen. Zwei ohrenbetäubende Knallpetarden waren das
vereinbarte Startsignal. Der Tross setzte sich in Bewegung: Zuvorderst das legendäre
«Berna»-Banner, dahinter rund 70 Fans aus Madrid, Bern und weiteren RM-Hochburgen.
Die strategisch wichtige Place de Trocadéro fiel augenblicklich, der Verkehr
auf der Av. du Président Wilson wurde lahmgelegt. Bengalen erhellten den
Nachthimmel und Rauch trübte den Blick auf den Eiffelturm, auf dem sicherlich
in dem Moment französische Wachen panisch Alarm schlugen.
Zu spät. Denn da verschwanden die Eindringlinge bereits in
den Tiefen der Pariser U-Bahn. Die wehrlosen Pendler sahen sich einer wütenden
Meute Berserker (und Walküren) gegenüber. Vor den Nasen des erstarrten Metro-Personals waren die
Drehkreuze schnell überwunden, so dass bereits beim nächsten einfahrenden Zug bald
RMCF-Stickers auf die Scheiben geklatscht wurden, hinter welchen uns entsetzte
Augen fränkischer Zivilisten anstarrten. Beim ersten Zug liessen wir Gnade
walten, der war uns zu voll. Als der nächste ebenso voll war, war es vorbei mit
unserer Geduld: Grölend wurde er gestürmt, die Passagiere gegen hinten
gedrückt.
Marcel Sembat hiess unsere Station. Die Treppen Richtung Frischluft wurden im Laufschritt erklommen; mit Spähern zuvorderst, denn zum Prinzenpark lag nur noch ein Kilometer. Laute Real Madrid Gesänge liess nun auch den Rest der Stadt wissen, dass diese bald gebrandschatzt und geplündert sein würde. Zuvor war aber noch eine Schlacht zu führen, und so positionierten sich die Wikinger, mit Banner und Trommel, auf den Rängen bereit zum Kampf.
Die Schlacht und die Angriffe der Franken waren
unerbittlich. Zwar konnten wir Wikinger beim Anblick von Quasimodo, dem aus Barcelona
zugezogenen Glöckner der Kathedrale Notre Dame, nur lachen. Doch am Ende war
der bittere Rückzug angezeigt. Wie im Falle der Wikinger im Jahr 885 war also
auch unsere Belagerung erfolglos. Die dänischen Wikinger zogen immerhin mit
einem Tribut von 350 kg Silber ab. Wir hingegen zogen mit null Punkten von
dannen. Doch damit ist eine Schlacht vorbei, und nicht der Krieg. Und wenn wir RM
Anhänger Wikinger genannt werden, dann hat dies einen guten Grund: Als Real
Madrid in den 60er Jahren Titel um Titel holte, schrieb The Times: «Real Madrid
streift durch Europa wie einst die Wikinger und verwüstet alles, was sich ihm
in den Weg stellt.» Wir werden in Europa weiterhin Angst und Schrecken
verbreiten.
HASTA EL FINAL, VAMOS
REAL!
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