Mitte Mai letzten Jahres wurde Carlo
Ancelotti unter grossem Protest der Fans, Spieler und sogar Journalisten nach
einer titellosen Saison, wie so viele Trainer vor ihm, vom Hof gejagt. Wochen
später wurde Rafa Benitez’ Rückkehr bekanntgegeben. Bei seiner Präsentation
erklärte Rafa unter Tränen, wie geehrt er sich fühle als Trainer von RMCF
arbeiten zu dürfen, und Pérez pries ihn als „einen von uns“ an. Diese
Trainerrochade hatte einen faden Beigeschmack, hatte uns doch Carlo in beeindruckender
Art und Weise zu „La Décima“ geführt und mit 22 Siegen in Serie eine Duftmarke gesetzt,
die so schnell nicht wieder erreicht werden wird. Ein schweres Erbe also, das
Benitez antrat. Obwohl wir Fans mit dieser Entscheidung nicht einverstanden
sein konnten, war es unsere Pflicht, ihn genauso bedingungslos zu unterstützen.
Transfertechnisch verlief der Sommer - bis
auf das peinliche Wechseltheater um David de Gea - ungewöhnlich ruhig. Man
startete mit dem Ziel, nach 2012 endlich wieder einmal Meister zu werden, in
die Saison. Die Vorbereitung verlief eher holprig man hatte mit Verletzungen zu
kämpfen, zu allem Überfluss plante Benitez mit Bale im Zentrum und beraubte
unser Sturmtrio BBC dadurch seiner Stärke.
Am ersten Spieltag der Primera División
gastierte RMCF bei Sporting Gijón, ein unangenehmer Gegner zum Auftakt, und es
kam nicht mehr heraus als ein mageres 0-0. Täglich grüsst das Murmeltier: Wie
all die Jahre zuvor, rannten wir somit von Beginn weg wieder einem Rückstand
auf die beiden Titelrivalen hinterher. In der Folge siegend, konnte Real den
Abstand zu Barça bei 3 Punkten halten, und bekam durch das Direktduell eine
wichtige Chance. Wie immer vor einem Clásico wurden Seitens unserer Spieler die
üblichen Phrasen gedroschen, „man werde Alles geben, sich zerreissen usw..“ Es
kam wie es kommen musste, wir wurden von Barsa überrollt und zu Hause vor
vollem Haus mit 0-4 abgeschlachtet. Vielen kam sofort das 5-0 im Camp Nou oder
das 2-6 Debakel in den Sinn, ein blutleerer Auftritt unserer verwöhnten Stars,
es stand keine Mannschaft, sondern elf Einzelkämpfer auf dem Platz, der
überragende Keylor Navas verhinderte eine noch höhere Niederlage. Beim
Schlusspfiff gingen die Wogen hoch, ein gellendes Pfeifkonzert gepaart von
„Florentino dimisión!“-Rufen begleitete die Mannschaft in die Kabine. Für die Medien
ein gefundenes Fressen: Sie stürzten sich auf Benitez, wie ein Löwe auf ein
wehrloses Schaf. Pérez ging auf Tauchstation, Rafa wurde in den Medien für
seine (gemäss Gerüchten von oben diktierten) Aufstellung zerfetzt, die Stimmung
drohte zu kippen. Für die Fans war aber nicht Rafa Hauptschuldiger - ein altes
Sprichwort besagt, „der Fisch stinkt immer vom Kopfe her“ - es war Pérez. Die
Entlassung von Ancelotti wurde ihm zu recht weiter als riesen Fehler
angelastet, der smarte Italiener hatte es nämlich geschafft, aus der Ansammlung
von Stars eine Mannschaft zu formen, in der jeder für jeden rannte und dabei
noch schön spielte. Benitez drohte im Haifischbecken Madrid zu ertrinken.
In der Champions League kam Real in der
Gruppe mit Paris, Donezk und Malmö relativ souverän ins Achtelfinal, dort bekam
man mit der AS Roma eine unangenehme Aufgabe zugelost. In der Copa del Rey
gastierte RMCF in der 4. Runde bei Cádiz CF und siegte mit 3-1, wie in der Copa
üblich durften die „Reservisten“ ran, unter ihnen auch Cheryshev, welcher
letzte Saison bei Villarreal aktiv war. Es passierte ein unerklärlicher
Fauxpas: der Russe war nicht Spielberichtigt, weil gesperrt, und Real Madrid
wurde aus dem Pokal ausgeschlossen. Wir wurden im Cup somit wieder einla zum
Gespött der Fussballwelt: Ein Klub der eine Weltmarke darstellt, und der seine
Fans mit überteuerten Tickets schlaucht, begeht einen Fehler, der sonst nur bei
sechstklassigen Amateuervereinen für Gejohle sorgt.
In der Liga kam es wie es kommen musste: Nach
einem achtbaren 2-2 in Valencia wurde Benitez geschasst und durch Zinedine
Zidane ersetzt. Pérez hatte somit seine letzte Patrone im Revolver abgefeuert:
Würde Real-Legende „Zizou“ scheitern, hätten die Fans definitiv kein Pardon
mehr mit Pérez, für den Zidane ein paar Monate vorher noch zu unerfahren
gewesen war. Der Franzose, als Spieler einer der besten der Welt, ging
unaufgeregt an die Sache heran: Es wurde kein Zauberfussball wie unter
Ancelotti zelebriert, jedoch startete Zidane so gut wie kein anderer Trainer in
seine Ära bei RMCF. Der Rückstand auf Barsa betrug zwischenzeitlich über 10
Punkte (es drohte sogar der vierte Tabellenplatz). Doch Zidane führte eine Siegesserie
an, welche in einem heiss umkämpften 2-1 Auswärtssieg im Camp Nou gipfelte. Barsa
strauchelte und spürte unseren Atem im Nacken. Der Meistertitel schien wieder
möglich zu sein (obwohl weiterhin nur Tabellendritter) und der Glaube an Titel
Nummer 33 wieder da. Am 37. Spieltag gelang es mit einem 3-2 Heimsieg gegen
Valencia, Atlético zu überholen und mit 87 Punkten Platz zwei zu erklimmen. Beim
Showdown zwischen uns und Barcelona zogen wir leider den kürzeren: Barça fing
sich auf und gewann die Liga mit einem Punkt Vorsprung. Auch wenn Madrid nahe
dran gewesen war, überwog die Enttäuschung: Warum habt ihr nicht von Anfang an
so gespielt? Habt ihr Spieler extra schlecht gespielt, um den Disziplin und
Gehorsam forderten Benitez ein Grab zu schaufeln? Sicherlich berechtigte
Fragen.
Betreffend Champions League waren die
Chancen und der Glaube intakt: Seit der Mourinho-Ära mischte RMCF im Konzert
der Grossen ganz oben mit, 2014 hatte Real die „Décima“ geholt. Die AS Roma
stellte keine allzu grosse Hürde dar, und so marschierte Real ins
Viertelfinale, wo wir gegen Wolfsburg mit einem Schrecken davon kamen: Wie so
oft nahm das Real-Ensemble das Hinspiel auf die leichte Schulter und verlor mit
2-0, womit es wieder einmal Juanito, Inbegriff der Aufholjagden, richten
musste. Die Fans standen wie eine Wand hinter Zidane und seinen Mannen, Wolfsburg
wurde mit 3-0 aus dem Stadion gefegt und man war im Halbfinale. Dort wartete
mit Pellegrini’s Manchester City eine unangenehme Aufgabe. Im Hinspiel kam Real
nicht über ein maues 0-0 hinaus, das Bernabéu war der erwartete Hexenkessel,
die Engländer waren zu eingeschüchtert von der Kulisse, und Gareth Bale avancierte
zum Held des Abends. Es kam einem unwirklich vor, drohte die Saison doch in
einem Desaster zu Enden, stand man jetzt im Finale des grössten Klubbewerbes! Der
Gegner hiess erneut Atletico Madrid, für beide Vereine war es die letzte Chance
auf einen Titel in dieser Saison. Atlético hatte die Chance, sich zum ersten
Mal die Krone aufzusetzten, wir Königlichen lechzten der elften Trophäe
entgegen. Eines war vor dem Finale schon klar: Madrid würde Mailand als
erfolgreichste Stadt ablösen. Die beiden Mailänderklubs haben zusammen zehn Mal
die Champions League gewonnen, RMCF hielt bei ebenso vielen Titeln.
Alles war angerichtet und mit dem San Siro
hätte die Uefa kein besseres Stadion für den Gewinn von „La Undécima“ festlegen
können. Konträr zum Endspiel von Lissabon gingen wir ausgerechnet durch den
damaligen Helden Sergio Ramos verdient früh mit 1-0 in Führung. Aufgrund des Unvermögens,
das Spiel vorzeitig zu beenden, kam es wie es kommen musste: Ausgleich und
Verlängerung. Anders als damals hing diesmal RMCF wie ein Boxer in der zehnten
Runde angeschlagen in den Seilen, Krämpfe hüben wie drüben und so ging es ins
Elfmeterschiessen. Bei Juanfran versagten die Nerven, Cristiano schoss uns zum
5-3 Sieg nach Penaltys und verwandelte halb San Siro in ein weisses Jubelmeer. Heute
verzieren elf Europapokale unsere Vitrinen.
Mit dem Champions League Sieg hat Pérez den
Kopf aus der Schlinge gezogen. Der Gewinn der „Undécima“ darf aber nicht über
gewichtige Mängel bei RMCF hinwegtäuschen: Das De Gea Theater, das Cup-Fiasko, die
überteuerten Ticketpreise, interne Fankonflikte und das vielleicht bald wieder
drehende Trainer-Karussel sind Zeichen eines nicht gesunden Klub-Managements.
Hoffen wir, dass wir als Klub weiter Titel sammeln (wie wär’s wieder einmal mit
der Meisterschaft?), durch Kontinuität Stabilität erlangen, der Klub vermehrt
zu seinen Fans schaut und Zidane uns viel Freude bringt!
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