Freitag, 5. Oktober 2012

Wenn nur noch die Politik spielt

Millionen von Menschen schauen diesen Sonntag gebannt nach Barcelona, wenn die 165. Auflage des Clásicos ausgetragen wird. Doch für einige ist es viel mehr als nur ein Fussballspiel und diese werden alles daran setzen, um dieses Ereignis politisch auszuschlachten: Mit einer riesigen katalanischen Flagge, die durch viele hochgehaltene Papptafeln zusammengesetzt wird.

Das Mosaik wird durch den Klub organisiert und bezahlt (nicht wie in praktisch allen anderen Klubs, wo Fangruppen die Tifos mit viel Schweiss und Einsatz selbst herstellen). Es ist ein Klub, der zu einer politischen  Marionette geworden ist und einen Präsidenten hat, der während seinem Wahlkampf noch sagte, Barça dürfe nicht als politisches Instrument verwendet werden und sich von der Politisierung des FC Barcelonas distanzierte. Heute ist alles anders und Sandro Rosell tummelte sich vor einigen Tagen auf der Separatisten-Demo und sprach von der "Verpflichtung Barças" hinter dem katalanischen Volk zu stehen. Seine Verwandlung in so kurzer Zeit zeigt seine Charakterschwäche, sein fehlendes Rückgrat vor dem radikalen katalanistischen Sektor. Und deshalb braucht er den Klub nun als politisches Instrument.

Was mich beschäftigt ist die Frage: Wenn sich am Sonntag das Stadion mit culés aus anderen Regionen Spaniens füllen würde, wie viele davon würden die Papptafeln hochheben? Wie viele würden sich über diesen Fanatismus wundern? Was denken die Barça-Fans aus anderen Ländern? Es ist so was von erbärmlich, dass das, was man an diesem Spiel am wenigsten sehen wird, die Farben des Heimteams (blau/rot) sein werden. Und dies bei einem Klubs der sich als "Mehr als ein Klub" bezeichnet und sich als grosse Institution sieht, aber sich einen Dreck schert um die Barcelona Fans, die keine Katalanen sind.

Was aber das Verblüffenste am Ganzen ist, ist dass die meisten, die die Unabhänigkeit von Spanien wollen, sich gar nicht über dessen Konsequenzen bewusst sind. Es ist "cool" Spanien als "faschistischen Unterdrücker" zu sehen, den Rebellen zu spielen und als Revolutionär zu verkleidet eine Fahne (die sie als Teil des Königreichs Spanien erhalten haben) mit einem Stern made in the USA zu verunstalten. Sie sind Opportunisten die jetzt mit der Wirtschaftskrise wie Ratten das Schiff verlassen wollen und den Populisten im regionalen Parlament wie Schafe folgen. Sie schätzen nicht, was sie dem Rückhalt und der Solidarität der Einigkeit eines Landes zu verdanken haben. Und sie beweisen Naivität wenn sie glauben, ein unabhängiges Katalonien bedeute lediglich eine eigene Fahne, einen eigenen Pass und von mir aus eine eigene Währung ABER ANSONSTEN KEINE KONSEQUENZEN. Denn das glauben sie, wie z.B. beim Thema Fussball, wenn Rosell ausdrücklich betont, dass Barcelona auch im Falle einer Unabhängigkeit Kataloniens weiterhin in der spanischen Liga spielen würde. Und nicht in einer katalanischen, mit Sabadell oder Reus als Gegner...

Aber leider, Überraschung!, gibt es keine Unabhänigkeit à la carte. Denn wäre Spanien konsequent, und dass würde die Mehrheit der Spanier von der Regierung erwarten, würde vieles anderes laufen: Kein Geld mehr von Spanien für diese Region, keine Rettungspakete (wie jüngst angefordert) und natürlich getrennte Institutionen - auch sportliche. Katalonien hätte seine eigene Liga, so wie z.B. auch Schottland. Da hilft auch viel Verblendung von Seiten der Doppelmoral-Experten Rosell und Co nichts. Die Reglemente des spanischen Fussballverbandes und der spanischen Liga sprechen eine klare Sprache: Um beim offiziellen Spielbetrieb, bei der spanischen Meisterschaft und dem Königscup mitmachen zu dürfen, muss ein Klub in der spanischen Fussballföderation eingeschrieben sein. (Artikel im Sport-Gesetz vom 15. Oktober 1990). Was heisst das? Es heisst adiós Liga, ciao Champions League, hallo Fussballspiele gegen frühere 2. Ligisten...

Wir für unseren Teil erinnern an all jene FCB-Fans, die in anderen Regionen Spaniens leben, die sich schämen für diese Klub-Politik und die mittlerweile einsehen müssen, dass sie von ihrem "Herzensverein" bewusst vergessen und marginalisiert werden. Fremdenfeindlichkeit und Arroganz und eine Reduktion auf eine sehr lokale Ebene haben aus einem einstigen universellen FC Barcelona einen exklusiven Schrein gemacht, der nur für gleichdenkende katalanische Separatisten Platz bietet...

Am Sonntag will Barça der Welt seine Unterstützung für die Unabhänigkeit einer Region Spaniens aufzeigen. Was die Welt sehen wird, ist ein Klub im Dienste einer lokalen Politik, die als logische Folge den Niedergang des Klubs und das Ende der Clásicos haben würde.

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