Es ist
nicht einfach, Real Madrid Fan zu sein. Wie, was, werden sich viele fragen: Ihr
seid doch erfolgsverwöhnt! Nun ja, hierzu gibt es wohl wenig einzuwenden. In
der Tat sind wir das: Jedes Jahr sind wir Topkandidat auf alle nationalen und
internationalen Titel und treten mit einem beneidenswerten Kader an.
Und gerade in den letzten Jahren hatte man als madridista sehr viel zu feiern:
Zwei Mal die Champions League gewinnen – das hatte noch niemand vor dem König
Europas geschafft!
Es ist
nicht einfach, Real Madrid Fan zu sein. Ach so, weil so viele euch aus
unterschiedlichen Gründen hassen: Neid, wenn es Rivalen sind, moralische Ablehnung
(Real Madrid als reicher und kapitalistischer Verein, „ich bin für David, nicht
Goliath“), anti-Ronaldo Ressentiments („er ist so viel arroganter als Messi“) oder
sogar politische/historische Gründe („Real Madrid war der Klub von Diktator
Franco“, was, nebenbei gesagt, schlicht und einfach unwahr ist). Nein, ich
beziehe mich auch nicht auf die Ablehnung oder den Hass anderer gegenüber unserem Verein: Denn dieser anti-madridismo macht uns trotzig stolz und
schweisst den madridismo auf der ganzen Welt zusammen.
Es ist
nicht einfach, Real Madrid Fan zu sein. Sind es dann die Mode-Fans? Auch nicht.
Die kommen und gehen, wie in einem Vergnügungspark: Fröhlich strömen sie mit
ihrem nagelneuen und bedruckten Trikot in den Park (in diesem Fall der Klub),
der sie fröhlich und mit klingenden Kassen empfängt, bis das nächste Gewitter
aufzieht und sie sich verziehen, um mit einem anderen Trikot einem anderen
Disneyland einen Besuch abzustatten. Das Traurigste bei den Mode-Fans ist dann
eigentlich, was sie ihrem Nachwuchs vermitteln. Es überrascht heute gar nicht
mehr so, ein Kind mit Real-Hose und Barça-Trikot auf dem Schulplatz
anzutreffen. Wie sollen sie in dieser schnelllebigen und materialistischen Welt
(und v.a. mit Mode-Fans Eltern) verstehen, dass Treue zu EINEM Klub ihnen so
viel mehr Leidenschaft erleben lassen wird, als sich jedes Mal mit einem neuen
Trikot, einem Hotdog und einer Cola in der Hand in ein neues von Etihad oder
Katar gesponsertes Edelstadion auf den Plastiksitz zu setzen?
Es ist
nicht einfach, Real Madrid Fan zu sein. Der Klub sieht dich als Kunde, nicht
mehr und nicht weniger. Scheissegal, können viele waschechte madridistas den
mittlerweile horrenden Eintrittspreis nicht mehr bezahlen. Kommst Du nicht
mehr, kommt ein anderer. Vorzugsweise ein Tourist, der im RM-Shop viel Geld
liegen lässt. Stimmungstod? Macht nichts. Besser klingen die Kassen, dann bauen wir ein Luxushotel ins Stadion und kaufen die Besten ein. Wer braucht da noch den "12. Mann"? Und auswärts ist es
nicht viel besser: Kommt Real Madrid zu Besuch, meinen alle Klubs, die Fans
seien reich wie Florentino Pérez selbst und schrauben den Preis für ihren schlechtesten
Sektor – den Auswärtsblock – in den dreistelligen Bereich.
Ist dies
nicht die Situation eines jeden Fans im heutigen, modernen Fussball? Da ist was
dran. Aber bei Real Madrid fehlt mittlerweile ein Ort für die Fans, die stehend
mitfiebern und anfeuern wollen. Die Ultras Sur, die seit 1980 für Stimmung
gesorgt hatten, wurden aus dem Stadion verbannt. Ihnen wurde zum Verhängnis,
dass sie im ungünstigsten Moment einen internen (und gewalttätigen) Machtkampf
austrugen, als eine neue Generation von Ultras ihr Kuchenstück (in jeder Kurve
geht es auch um Geld und Macht) einforderte, aber vielleicht auch, dass sie
eine recht geschlossene sowie politisch orientierte Gruppe sind, in
die nicht jeder reinkommt. Die Konsequenz? Alle raus und ein neues Fanprojekt, „eine
Kurve für jeden madridista der anfeuern will“. Doch das Projekt enttäuscht:
Mehrere "Capos" von Ultras Sur sind weiterhin in der Kurve. Das Geschäft geht weiter. Die Qualität der Tifos hat nachgelassen: Da die Tifo-Künstler von Ultras Sur
ihrer Gruppe treu geblieben sind, gibt es jetzt meist nur von Unternehmen bedruckte
riesen-Fahnen, bei denen es an Herzblut und häufig an Originalität mangelt. Aber noch viel wichtiger: Die neue Kurve (wo jeder übrigens zwingend
in Weiss erscheinen muss, dafür aber nur 5 euro Eintritt bezahlt) tanzt nach
der Pfeife der Klubführung. Dabei ist die Essenz einer Kurve, dass sie
bedingungslos hinter dem Klub, jedoch nicht unbedingt hinter der Klubführung
stehen muss. Dass sie, wenn letztere nicht im Interesse des Klubs handelt,
Druck auf diese ausüben kann. Und so kann man nicht anders, als dieser neuen Kurve skeptisch zu begegnen. Die fehlende Authentizität kam vor dem Cup-Rückspiel gegen Underdog
Fuenlabrada zum Vorschein, als die Weisung von Real Madrid an die Grada Fans publik
wurde: „Wer das Cup-Rückspiel verpasst, kommt auch nicht ans Clásico.“ Eine
solche Warnung herausgeben zu müssen, um die Kurve füllen zu können, ist
wahrlich ein dickes Ei... Eine Kurve ist immer da, wer auch immer der Gegner ist!
Und welche
Wahl bleibt somit einem Real-Fan, der weder zu den verbannten und nur
sporadisch in bedrohlichem Schwarz erscheinenden US, noch zu dieser „new
madridismo“-Kurve gehören will/kann? Das Spiel halt sitzend von einem anderen Sektor
aus mitverfolgen? Nicht mehr ins Bernabéu gehen? Nur noch an Auswärtsspiele
reisen, wo die Mannschaft den Auswärtsblock – einem Flickenteppich aus
Touristen mit überteuerten viagogo-Tickets, spanischen Erasmus-Studenten und Real-Fans mit
sieben Fahnen um die Hüfte aber kaum einem RM-Gesang im Gedächtnis – nicht
einmal grüsst?
Und doch... Auch wenn der Neid auf andere Klubs, mit tollen und geeinten Fankurven, einer
richtigen Fan-Mentalität und einer engen Bande zwischen Anhang, Klubführung und
Mannschaft, zuweilen gross ist: Welcher madridista würde schon Klub tauschen wollen?
Es ist nicht
einfach, Real Madrid Fan zu sein. Aber es ist es das Beste auf der ganzen
Welt.
Anmerkung: Es
handelt sich bei den Artikeln auf diesem Blog um Meinungen. Sie wiederspiegeln
nicht die Ansichten von berna madridista oder der Vereinsführung. Der Blog ist
lediglich eine Plattform, für diverse Ansichten und Beiträge der Mitglieder. Jedes
Mitglied des Fanklubs kann darauf Artikel veröffentlichen, sofern die grundlegenden Regeln des
Respekts und der Qualität eingehalten werden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen