Samstag, 24. November 2012

Als Iker noch mein Idol war


Hallo Iker. Ich bin madridista und ich war mal dein grösster Fan. Ja, du hast richtig gehört: War. Also nicht mehr. Leider. Aber lass mir die Gelegenheit, dir die Gründe dafür zu sagen, bevor du dich von mir abwendest. Denn ich weiss selbst, dass du mehr als genug Fans hast. Du musst wissen, Iker: Für mich ist es schmerzhaft, diese Zeilen niederzuschreiben.

Also: Als sich mein anfängliches Interesse für RMCF in richtigen madridismo (Bauchschmerzen vor Spielen, Freudensprünge bei Siegen und Depressionen nach Niederlagen) umzuwandeln begann, hattest Du bereits in der ersten Mannschaft debütiert. Ich werde nie vergessen wie du im Alter von nur 21 Jahren im Champions League Finale in Glasgow für den verletzten César reinkamst und die riesengroße Verantwortung schulterteste. Deine Glanzparaden gegen die verzweifelten Angriffe von Bayer Leverkusen gingen in die Geschichte ein, so wie auch deine Tränen bei der Pokalübergabe. Ich wusste damals genau, dass du ein ganz Grosser werden würdest und auf ewig in Madrid bleiben würdest.

Für mich warst du immer der Beste. Ich bewunderte Zidane, vergötterte Raúl, aber mit niemandem konnte ich mich so gut identifizieren wir mit dir: Auch ich war Torhüter, damals Feuer und Flamme für diesen Posten. Mit viel Ehrgeiz trainierte ich mehrmals pro Woche, zum Geburtstag wünschte ich mir dein Trikot. An den Spielen mit meiner Mannschaft wies ich das jeweils viel zu grosse Goaliedress zurück, um deins anzuziehen, was häufig den Erfolgsdruck vergrösserte (mit meist negativen Folgen), mich aber manchmal auch über mich hinauswachsen liess. Vor jedem Match schaute ich auf Youtube Compilations von deinen besten Paraden an. Damals hatte es gar nicht so viele, heute gibt es sicher hunderte davon. Aber ehrlich gesagt, weiss ich es nicht, die Zeiten, bei denen ich alle diese Videos von dir schaute, sind vorbei.

Meine Bewunderung für dich stieg auch mit deinen Nationalmannschaftseinsätzen. Als wäre es gestern gewesen erinnere ich mich an deine Paraden im Penaltyschiessen gegen Irland. Damals war die spanische Nati erfolglos. Aber es war eine Selección, auf die man trotzdem stolz sein konnte und bei der alle bei der Hymne in den Himmel blickten.  Nach dem jeweiligen Ausscheiden Spaniens ging ich trotzig mit deinem Dress in die Schule, wo ich auch immer allen sagte, du seist viel besser als Buffon. Unvergessen sind deine Freudentränen nach dem unglaublichen Ligagewinn unter Capello oder deine Scham nach dem Debakel in Liverpool, bei dem du Schlimmeres verhindern konntest. Als ich dann damit begann, regelmässig an RMCF-Auswärtsspiele zu reisen, war ich immer der lauteste mit den „Iiiiiker, Iiiiiker“ Rufen nach deinen Paraden.

Heute bist du Captain Reals und der spanischen Nati. Du hast alles Mögliche gewonnen, mit Madrid und auch mit Spanien. Du erhieltest auch alle möglichen Preise. Iker, du bist madridista seit deiner Jugend, bist dem Verein immer treu geblieben, hast Offerten aus dem Ausland ausgeschlagen. Bei der letzten Meisterschaftsfeier sah man dich strahlen vor Freude und gegen Bilbao sah ich mit eigenen Augen, wie zu zum hundertsten Mal dein Trikot in die Menge warfst. Nein, ich habe kein Recht an deinem madridismo zweifeln, und das werde ich niemals tun, versprochen. Und doch: Als ich in Manchester hinter dem Tor stand und du am ein wärmen warst begannen einige treue Anhänger dir lauthals einiges vorzuwerfen und die Kapitänsbinde für Ramos zu fordern. Und ich musste ihnen Recht geben. Du bist Kapitän von Real Madrid. Als solcher ist es deine Pflicht, deinen Klub immer zu verteidigen. Ihn zu verteidigen gegen Anschuldigungen von culés („Die können nicht verlieren“, Xavi Hernández) wie es Ramos macht. Gegen Angriffe von den Medien, wie es Arbeloa macht. Auf dem Feld wie Pepe es tut. Du lächelst zusammen mit Xavi in die Kamera, nachdem du mit ihm zusammen den Preis „Príncipe de Asturias“ gewinnst und hebst eure Freundschaft hervor, aber reagierst nicht drauf, wenn der FC Barcelona zu dieser Nachricht ein Foto publiziert, bei dem Xavi gegen dich ein Tor erzielt. Du muss etwas begreifen: Als Kapitän kannst du es nicht allen Recht machen. Du willst bei ganz Spanien gut dastehen. Das kannst du tun, wenn du im Dienste der Nationalmannschaft stehst. Wenn du aber im Dienste RMCF’s stehst bist du nur dem Klub verpflichtet. Nur den madridistas. Niemandem anders.


Iker, ich bewundere dich immer noch als Torhüter. Auch wenn ich die Handschuhe an den Nagel gehängt habe und ich sie nur selten gebrauche. Iker, ich bewundere dich auch immer noch als madridista, auch wenn ich nun lieber ein „SERGIO RAMOS MARCA UN GOL“ anstimme als ein „IIIKER, IIIKER“.  Die Zeiten meines Casillas-Fantismus sind längst vorbei, vielleicht auch, weil ich mich verändert habe. Aber um uns madridistas wieder stolz auf unseren Kapitän zu machen, ist es noch nicht zu spät. Dein betroffener Blick nach hinten in unsere Richtung angesichts der Vorwürfe, die wir dir in Manchester machten, gibt Grund zur Hoffnung. Aber wenn du nicht auf der Höhe bist der Kapitänsbinde, Iker, dann gib sie einem Kameraden ab, dem sein Ruf bei antimadridistas egal ist.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen